Bist du Hamburger ?
… und was für een büst du denn ?
Obwohl ich inzwischen weiß,
dass ich eine geborene Hamburgerin bin
oder eine „Waschechte„, gab es Zeiten,
wo das nicht so ganz klar war.
Man legte wohl zur Zeit meiner Geburt nicht mehr so viel Wert darauf.
Ursprünglich war ein geborener Hamburger nur, wessen Vater und Großvater väterlicherseits in Hamburg geboren war.
Nun, das trifft auf mich sowieso zu, aber darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht, weil Väter ja so eine Sache sind. – Als Tochter hat man ja eher den Draht zu Mutter und Großmutter mütterlicherseits – jedenfalls ging das mir so.
Während bei Familientreffen die Väter einen Verdauungsspaziergang machten,
wuschen de Fruunslüüd ab, sangen Volkslieder oder vertellten sik was.
Und wir Kinder waren mintenmang.
Daher weiß ich, dass Oma Anni aus einer alteingesessenen Bauernfamilie stammt.
Meine Mutter, die Tochter von Oma Anni, hat meinen Vater,
der aus einer armen Kaufmannsfamilie stammte, geheiratet.
Die waren übrigens strikt dagegen, denn mein Opa Konni war nicht standesgemäß.
Opa Konni kam mit seiner Mutter aus Lothringen und hat meine Großmutter erobert beim Lagerfeuer. Sie sangen, spielten und tanzten – und brannten durch.
Da war Anni mal gerade 16 Jahre alt.
So haben sich dann Hamburger mit Auswärtigen vermischt.
Meine Urgroßmutter Antonia war, vor der Hitler-Zeit,
übrigens durchaus eine berühmte Frau.
Antonia war Seiltänzerin.
Sie trat zuletzt 1942 in Dresden auf.
Fotos oder Aufzeichnungen besitze ich nicht von ihr.
Ich weiß nur, dass sie Deutsche war und von den Franzosen vor die Wahl gestellt wurde: Entweder französische Staatsangehörigkeit oder Ausweisung.
Sie entschied sich für die Ausweisung.
Dadurch landete Antonia in Hamburg-Harburg
und schlug sich mit ihren Kindern mit Tingeln durch.
In Hamburg trafen sich meine Vorfahren aus Ost und West.
Gehe ich meinen Stammbaum zurück, dann lande ich (bisher) im 18. Jahrhundert väterlicherseits in Touroggen, Russland.
Hamburg hat offensichtlich von jeher Menschen aus aller Welt angezogen.
Auch einige meiner Vorfahren, die sich mit den Hamburgern vermählt haben
und ansässig wurden.
Eines aber hatten sie alle gemeinsam. – Sie liebten Hamburg.
Sie nahmen unsere Hamburger Lebensweise an und wurden heimisch.
Gleichzeitig bewarten sie ihre Traditionen, gründeten Heimatverbände
und Bürgervereine, aber sie versuchten niemals Hamburg zu verändern.
Das ist heute bei manchen Quiddjes anders.
Ricarda
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